www.mz-web.deAnhaltKurier, 04.02.2010
Private Spender langfristig an großes Projekt binden

Förderverein: Leih- und Schenkgemeinschaft als Standbein zur Finanzierung der Sanierung des Denkmals

VON SILVIA BÜRKMANN

 
Der Wasserturm im Winter. (FOTO: KUTSCHMANN)

Dessau/MZ. Auf ihrer Jahreshauptversammlung kamen die Mitglieder des Vereins zur Förderung und Erhaltung des Neuen Wasserturms überein, eine "Leih- und Schenkgemeinschaft als besondere Form solidarischen Handelns" als eine neue, zusätzliche Finanzierungssäule zu installieren. Die MZ sprach mit dem 1. Vorstand des Fördervereins, Hans Tobler.
 
Was soll, was kann eine Leih- und Schenkgemeinschaft?
 
Tobler: Wir wollen damit die Freunde und Helfer des Wasserturms über eine längere Zeit und Regelmäßigkeit an unser Projekt binden. Die Interessenten erklären ihre Bereitschaft, mit einem monatlichen Beitrag - zum Beispiel über zehn Euro - für maximal fünf Jahre das Projekt zu unterstützen. Damit sagen sie uns in diesem Beispielfall insgesamt 600 Euro zu.
 
Also im Prinzip ein Lastschriftverfahren?
 
Tobler: Banktechnisch ja, im Einzelfall. Aber: Alle Förderer schließen sich in der Leihgemeinschaft, in Sinne einer Solidargemeinschaft zusammen. Dann beantragt jeder für sich einen Kleinkredit über die jeweilige Summe. Diese Kleinkredite werden gebündelt. Dem begünstigten Objekt kann die Summe aus den einzelnen Zusagen dann gleich in einem Betrag ausgezahlt werden. Und zwar nicht erst nach fünf Jahren, sondern gleich zum Projektbeginn.
 
Und der Förderverein wird schnell "flüssig"...
 
Tobler: Unser Schatzmeister hat ja zur Jahreshauptversammlung vor wenigen Wochen dargelegt, dass eine übliche Kreditaufnahme bei der Bank doch seine Zeit braucht. Und die kann fehlen.

Was drängelt denn?
 
Tobler: Die umfänglichen Arbeiten am Dach haben 2009 den Wasserturm gesichert. Sturm, Regen und Schnee können ihm nichts mehr anhaben. Noch ist der Turm eingerüstet. Seit November unentgeltlich und mietfrei, dank des Entgegenkommens der Dachdeckerfirma, die während der Frostperiode ihr Rüstmaterial noch nicht anderweitig braucht. So, wie der Turm derzeit eingerüstet ist, könnten da oben noch der Sandsteinsims sowie die vier Erkertürme saniert und auch die Laterne selber wieder aufgesetzt werden. Aber wir lösen die Aufträge nur aus, wenn die Finanzierung gesichert ist. Ein Gerüst neu aufzustellen, würde gleich wieder rund 8 000 Euro kosten.
 
Wie ist der Verein auf die Idee einer Leihgemeinschaft gekommen?
 
Tobler: Auf der Suche nach individuellem, über die üblichen Kreditformen hinausgehenden Finanzierungsmöglichkeiten, sind wir mit verschiedenen Vereinen in Kontakt getreten. Beispielsweise arbeitet auch der Schwabehausverein nach diesem Modell. Und mit Erfolg. Ich würde mich sehr freuen, wenn das Projekt in unserer Bürgerschaft ähnlich gut angenommen wird, wie beispielsweise die Dachziegelaktion im Einzelhandel oder nachfolgend in den Arzt- und Zahnarztpraxen.
 
Wie verhandelt der Verein für viele "kleine Kreditnehmer" mit der Bank?
 
Tobler: Aus Gründen der praktikablen Kreditabwicklung wählt die Leihgemeinschaft in Selbstverwaltung einen Bevollmächtigten, der die Solidargemeinschaft in allen Belangen gegenüber der GLS Gemeinschaftsbank eG, mit Sitz in Bochum, vertritt. Der dann ausgereichte Kredit für das gemeinnütziges Projekt der Leihgemeinschaft läuft zinslos. Statt dessen wird eine Kostendeckungsumlage fällig in Höhe von 2,5 bis maximal 4,5 Prozent des Kreditbetrages.
 
Wie viele Mitglieder strebt die Leihgemeinschaft an?
 
Tobler: Natürlich so viele, wie möglich. Die 76 Vereinsmitglieder werden in ihrem Bekannten- und Freundeskreis die Werbetrommel rühren. Unterm Strich sind wir dankbar für jede Hilfe, die wir bekommen können, um das Wasserturm-Projekt voran zu treiben.
 
Was sind die nächsten Ziele?
 
Tobler: Neben der Gründung der Leihgemeinschaft sind wir dabei, langfristige Sponsoring-Verträge einzuwerben. Auch die Dachziegelaktion wird fortgesetzt.
 
Die Baustelle Wasserturm wird nach der Frostpause je nach Kassenstand fortgesetzt. Seine Schönheit und Wirkung nach außen gewinnt der Wasserturm ja erst wieder mit den vier Erkertürmen und der Laterne.


Nächste Etappenziele am Turm

Halle/MZ. Für die Sanierung am Wasserturm wurden bereits rund 300 000 Euro ausgegeben. Zur Fertigstellung der Notsanierung einschließlich Herstellung der Begehbarkeit des Erdgeschosses und seiner Nutzung für temporäre Veranstaltungen wird noch einmal ein Finanzbedarf von 300 000 Euro benötigt.
 
Als nächstes stehen an:

  1. Sanierung der Erkertürme einschließlich Unterkonstruktion und Montage (Kostenschätzung: etwa 60 000 Euro)
  2. Sanierung Laterne (etwa 110 000 Euro)
  3. Sanierung unterer Sandsteinsims (etwa 40 000 Euro)
  4. Sanierung Zwischendecke in 20 Metern Höhe (etwa 85 000 Euro)
  5. Herstellung Begehbarkeit innen (Kiesdecke o. ä.)


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